Frachtschiffreisen
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Die Brücke

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Für mich der interessanteste Ort auf dem Schiff. Sehr schön sind Brücken, die geschlossen über die ganze Breite des Schiffes einschließlich der Nocks gehen. Da kann man auch bei schlechtem Wetter alles mitbekommen.

Erkundigen Sie sich vorab, ob es Einschränkungen für Brückenbesuche gibt, meist ist das nicht der Fall, hängt aber immer vom jeweiligen Kapitän ab. Und noch eine Anmerkung: die Brücke ist die Nervenzentrale des Schiffs. Überschütten Sie also den Wachhabenden nicht mit Ihrer Lebensgeschichte. In seinem Pflichtenheft steht auch nicht, dass dem Passagier alles erklärt werden muss.

Zugänge zur Brücke sind von innen (ist auch bei schlechtem Wetter zu empfehlen) oder von außen. Im Hafen - wenn überhaupt - nur noch von innen, alles andere ist dann verriegelt. Geht man bei Dunkelheit auf die Brücke, besser einen Moment stehen bleiben, man sieht im ersten Augenblick wirklich fast nichts.

Keinen der Knöpfe, Schalter, Hebel usw betätigen. Ist doch selbstverständlich!
Offene Nock HELLE RITSCHER
Geschlossene Brücke HENNEKE RAMBOW
Brücke der IDA RAMBOW
Brücke der CHRISTOPHER

Grundsätzlich kann man die Brücke in mehrere Sektionen einteilen:

  • Fahrstand in der Mitte vorne, mit Radar, ggf. elektronischer Seekarte und allen gängigen Instrumenten und Bedienelementen(Komplettansicht im Video nebenan von der HELLE RITSCHER)

  • Kartenraum meist Steuerbord hinten

  • Kommunikations und Arbeitsraum meist Backbord hinten

  • die Nocks an beiden Seiten außen mit jeweils gesonderten Fahrständen (für alle An- und Ablegemannöver)

  • Toilette und ganz wichtig: die Kaffeeecke.


Es lohnt sich, die vielen Aushänge mal anzuschauen, da sind alle Namen der Crew, ihre Zuständigkeiten. Da findet man meist genaue Angaben zu kommenden Häfen und Liegezeiten, zu beachtende Besonderheiten, viele Details zum Schiff, Aufbautenpläne und und. Manchmal auch Aushänge, die man vielleicht nicht erwarten würde... (Beispiel links von der MSC FLAMINIA).

Und schauen Sie sich mal in Ruhe die ausliegende Seekarte an oder werfen einen Blick ins Bordbuch.

Platz für Passagiere ist immer. Manchmal sogar allerlei Sitzgelegenheiten, z.T. mit Tisch. Man kann sicher auch einen der Sessel am Fahrstand nutzen, hier sollte man aber vorher fragen. Das geht nicht, wenn Lotsen auf der Brücke sind.

Dienstzeiten der Wachhabenden sind üblicherweise:

  • Kapitän 8 bis 12 Uhr und 20 bis 24 Uhr (auf sehr großen Schiffen delegiert das der Kapitän meist)

  • 1. Offizier 4 bis 8 Uhr und 16 bis 20 Uhr

  • 2. Offizier 0 bis 4 Uhr und 12 bis 16 Uhr.


Meistens ist nur der jeweils Wachhabende oben, oft kommt der Chief (1. Ingenieur) vorbei. Aber je größer das Schiff, desto mehr von der Crew sind auf der Brücke oder kommen mal vorbei, schließlich ist das die Nervenzentrale des Schiffes.

Brücke der FIDES
Brücke der VERA RAMBOW

Auf modernen Schiffen gibt es auf der Brücke im Übrigen einen Voicerecorder (alle Gespräche werden aufgezeichnet), da sollten Passagiere tunlichst vermeiden, sich lautstark auszutauschen.
Bei Schiffsmanövern insbesondere Anlegen/Ablegen, wenn der Kapitän den Fahrstand im Nock nutzt, nicht im Weg stehen, da geht es manchmal etwas hektisch zu.

Ich habe es noch nie erlebt, dass bei Anwesenheit von Lotsen der Aufenthalt nicht möglich ist. Es gibt gerade bei längerer Lotsenbegleitung (z.B. im NOK, Dardanellen o.ä.) sogar eine erkennbare Bereitschaft, Informationen zur Strecke und Sehenswertem zu geben.

Man braucht kein Patent, um als Passagier mitfahren zu können. Ein paar Dinge zur Navigation sollte man aber wissen. Sextanten sind zwar an Bord, werden aber nicht mehr genutzt. Heutzutage geht alles über GPS, also Satellitennavigation.

Die Schiffsposition ist jederzeit in Längen- und Breitengraden erkennbar. Das kann man sehr schön nutzen, um auf der papiernen Seekarte die aktuelle Position abzulesen. Seekarten bieten eine Fülle interessanter Informationen. Neben der Wassertiefe, Positionen von Wracks (Wks abgekürzt), besondere Seegebiete (U-Boot-Übungsgebiet o.ä.), Lage von Seekabeln und die festgelegten Wasserstraßen, innerhalb derer das Schiff navigiert werden muss.

Diese Position ist auf der Elbe Höhe Wedel, ausgehend
Lands End, erkennbar der eingestellte Kurs in die irische See

Eine geplante Route wird vorab in das Steuerungssystem eingegeben, die Daten dazu werden der Seekarte entnommen. Jede vorgesehene Kursänderung ist so erfasst, das sind die sog. WP (waypoints).

Im Prinzip steuert sich das Schiff nun automatisch, permanent vergleicht der Computer den vorgesehenen Kurs mit den Schiffsdaten, Abweichungen sind auf der elektronischen Seekarte (oberes Bild) und im Radar (unteres Bild) sofort erkennbar. Natürlich kann und wird in diese Automatik eingegriffen werden, z.B. bei Begegnungen mit Schiffen oder bei widrigen Witterungsverhältnissen. Ist der Lotse an Bord, wird die Automatik in aller Regel ausgeschaltet. Im Nord-Ostsee-Kanal ist sie sogar verboten.

Für mich war es auf allen Fahrten liebgewordene Gewohnheit, spätestens nach dem Frühstück zur Brücke, Seekarte ansehen, Radar und andere Anzeigen verfolgen, Kurs und Geschwindigekeit abzulesen und Aktuelles vom Wachhabenden in Erfahrung zu bringen.

Wundern Sie sich nicht über manche Besonderheiten. Bei meiner ersten Fahrt war ich ziemlich überrascht, als bei der Lotsenaufnahme der Wachhabende "Ende der Seereise" verkündete. Nein, ich konnte an Bord bleiben, es begann jetzt nur die "Revierfahrt" z.B. auf der Elbe oder auf der Weser.

Ist Englisch die Bordsprache fällt auf, dass man nur von "Vessel" spricht, das naheliegende "Ship" ist verpönt.

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